Wieder mal früh aufgestanden und ein Zimmerfrühstück zu uns genommen – geht schneller und es werden auch keine Unmengen aufgetischt. Diesmal sollte uns die Wanderung ins Canyon-Hinterland führen. Doch zunächst mussten wir die Bisonwiesen durchqueren – das hört sich leichter an als es war. Wenn so eine Herde auf die Wiese auf der anderen Straßenseite will – tja, dann geht sie halt rüber und zwar nie mehr als drei auf einmal, könnte ja zu schnell gehen. War schon sehr aufregend, aber so im Auto fühlt man sich doch sehr sicher – wie sich das ohne Auto anfühlt, das sollten wir später noch erfahren. Aber zunächst ging es erst einmal Bison für Bison weiter Richtung Canyon.
Unsere Tour startete am Artistpoint, dort gibt es einen Parkplatz, also schön bequem. Die Aussichten am Artistpoint sind schon atemberaubend. In der Ferne sieht man den Lower Fall des Yellowstone-River und der Canyon strahlt einen in allen möglichen Farben an. Atemberaubend eben. Schnell noch die Antworten des virtuellen Caches fotografiert und dann ab zum Wandern. Da alle Einkaufsversuche bezüglich Anti-Mückenspray gescheitert waren, mussten wir auch diesen Weg ohne weiteren Schutz antreten. Als erstes ging es bis zum Sublime-Point. Hier erlebt unsere kleine Reisegruppe einen kleinen Tiefpunkt. Da der Fotograf (also Ralf) des Öfteren etwas näher an den Canyon-Rand ging wurden die Nerven von Jonas doch arg strapaziert. Als dann auch noch Jan folgte konnte Jonas sich das nicht mehr mit anschauen und machte Kehrt marsch. Das wiederum machte Ralf etwas unruhig. Es dauerte ein paar Minuten bis sich die Nerven aller beruhigt hatten und die Missverständnisse aufgeklärt waren. Irgendwann ging es dann wieder munter weiter, Mücken waren bis hierher auch kein großes Problem und wir erreichten nach einigen Hochs und Runter das Ende der Sackgasse. Zwischendurch gab es immer wieder tolle Aussichten und Blicke auf den Yellowstone-River und plötzlich stand sogar ein junges Elk-Kälbchen vor uns – und obwohl immer allzeit bereit, waren der Fotograf und der Kameramann (Jonas) zu langsam – schwubs war es auch schon wieder weg. Dann ging es bis zur Kreuzung zurück und auf zum Ribbon-Lake. Kaum waren wir ein paar Meter gegangen, kam Jana ins Stolpern und fiel hin – natürlich wieder auf das linke Knie, aber das Pflaster hat Schlimmeres verhindert. So langsam kamen auch die Mücken wieder, was naturgemäß nicht zum anheben der Stimmung taugte, wir kannten sie ja schon von vorgestern. Wild durch die Gegend fuchtelnd ging es den Weg weiter. Unzählige Leichen pflasterten unseren Weg, doch es kamen zu viele Mücken zur Beerdigung. Ralf hatte sich schon x-mal auf die linke Schulter geschlagen und er wusste nicht mehr was schlimmer war: Mückenstiche oder Schläge. Am Ribbon-Lake angekommen wollte keiner (bis auf Ralf) noch weiter zu den Silvercord-Cascade.
So setzte sich der Treck der Unzufriedenen weiter fort und wanderte den Wapiti-Trail (Wapiti ist das Wort der Indianer für Elk) durch den Wald Richtung Canyon. Die Mücken ließen insbesondere Jonas verzweifeln – das sollte heute einfach nicht sein Tag sein. So wanderten wir schweigsam durch den Wald, doch außer Mücken konnten wir kein Wildlife entdecken. Das änderte sich als wir aus dem Wald heraus kamen: Zwei Bisons ließen es sich auf der Wiese in der Sonne gutgehen – dummerweise ziemlich nahe an unserem Wanderweg. Zuerst glaubten wir auch noch, dass sich zwischen uns und den beiden auch noch ein Fluss befand, obwohl das auch wenig geholfen hätte. Aber was hatten wir für Möglichkeiten: Zurück zu den Mücken, obwohl wir schon deutlich mehr als die Hälfte zurückgelegt hatten? Weiter auf dem Weg wandern und die Chance haben, ungeschützt einem Bison Auge in Auge zu schauen? Zu unseren Glück oder Pech, das mag jetzt mal der Leser entscheiden, fanden wir auch noch direkt zu unseren Füßen echte Bärenspuren. Auf jeden Fall erhöhte das nicht unser Sicherheitsniveau. Wir entschieden uns für Möglichkeit drei und blieben solange auf dem Weg solange uns der Abstand zu den Bisons groß genug erschien. Irgendwann verließen wir den Weg und gingen, vollkommen schweigsam, direkt auf den Waldrand zu. Am Waldrand schlichen wir solange entlang bis wir unseren Weg wieder gefunden hatten. Weder der Fotograf noch der Kameramann hatten das Bedürfnis, diese Szenerie festzuhalten. Erst als wir wieder weit genug im Wald waren löste sich die Anspannung und das Gefühl von Sicherheit kehrte langsam zurück. Das Gefühl von Angst kennt spätestens jetzt jeder von uns fünfen.
Nach ein paar Metern kam uns ein Pärchen entgegen. Wir gaben ein paar freundliche Tipps und zogen weiter, sahen noch ein weiteres Elk-Kälbchen und machten nach ein paar Hügeln eine Pause. Die nächste Kreuzung wollte einfach nicht kommen und das machte diesmal Petra etwas zu schaffen. Überraschender Weise tauchte das Pärchen wieder auf. Sie waren zwar an den Bisons direkt vorbei gewandert, aber als sie die Bärenspur sahen konnte er sie nicht überzeugen weiter zugehen. Sein Pech sollte unser Glück sein. Da ihr Fahrzeug näher war als unseres, boten sie uns an, einen von uns zum Auto zu fahren, damit wir nicht so weit wandern mussten. Wir nahmen das Angebot natürlich gerne an und kamen mit Erik und Johanna ins Gespräch. Zufälligerweise war Erik mal bei Boeing beschäftigt und so konnte er uns noch ein paar offene Fragen von unserer Besichtigung beantworten. Erik verlor, wie viele, seinen Arbeitsplatz nach den Anschlägen vom neunten September und arbeitet heute bei einer Firma, die für die NASA Feststoffraketen herstellt. Es war ein unterhaltsamer Weg und so erreichten wir recht zügig ihr Auto. Nachdem Ralf das Auto mit Eriks Hilfe geholt hatte, machten wir noch ein kleines Picknick im Wald und fuhren dann zu Uncle-Tom’s Trail – ein recht kurzer Weg zum Fuße des Lower Falls.
Die 328 Stufen sind eigentlich leicht runter zulaufen, außer man hat ein Problem, beim runter gehen durch die offenen Metallgitter in die Tiefe zu gucken. Es sagt sich auch ganz leicht, nicht nach unten zu schauen, aber das kann auch nur der sagen, der mit den offenen Stufen kein Problem hat. Für Petra und für Jonas war es auf jeden Fall ein Problem, für Jan nicht, der war als erster unten. Ralf versuchte mit Erfolg Jonas abzulenken und aufzumuntern und Petra hatte mit Jana keine Chance, über ihr Problem mit den offenen Stufen nachzudenken. So kamen wir schließlich alle unten und bestaunten den Wasserfall. Von jedem wurde eine Porträtaufnahme mit Wasserfall gemacht, nur das Foto mit Ralf dauerte ein wenig, da sich die Bedienung der Kamera für die anderen als schwierig erwies. So blieb noch der Aufstieg zum Auto, den die Jungs am schnellsten schafften.
Nach einem so anstrengenden Tag (14 Kilometer Wandern, 656 Treppenstufen und 8 Stunden lang dauernd in Aktion) hatten wir uns ein richtig gutes Essen verdient. Für diesen Fall hatten wir uns die Pizzeria in der Nähe unseres Hotels gelassen. Hier sollten wir mal wieder Erfahrungen mit den amerikanischen Größenverhältnissen machen. Jeder konnte sich seine Pizza selbst zusammenstellen. Im Eingangsbereich hing eine große Tafel, die erst einmal studiert werden musste. Es gab 12 und 16 Inch große Pizzen – wir hatten großen Hunger und Jonas, Jan und Ralf entschieden sich für die 16 Inch Variante. Als sie dann an der Kasse sahen, wie groß eine 12 Inch Pizza ist, hatten sie sich ganz schnell entschieden, doch die kleinere zu nehmen. Auf dem Weg zu unserem Sitz wurde Ralf noch von einem Koch gefragt, ob wir wirklich fünf 12 Inch große Pizzen haben: aber klar doch, wir hatten ja schließlich großen Hunger. Plötzlich kamen drei Köche mit riesigen Tabletts auf der Hand und suchten im ganzen Restaurant nach den Gästen mit der Nummer 14 – so wusste jetzt jeder, wie viel bestellt hatten. Na ja, was sollen wir sagen? Falls am Sonntag das Wetter schlecht sein sollte, so konnten wir die Schuld diesmal nicht ganz von uns weisen: Selbst die Erwachsenen haben trotz aller Anstrengungen nur 3/4 ihrer Pizza geschafft. Jan hat dann noch, ganz alleine eine Box für die Reste besorgt. Die größte die er bekommen konnte hat dann gerade so gereicht. Nun ging es schnell ins Bett, die Pizza musste im Schlaf verdaut werden.